Publikationen

Ausgewählte Entscheide

Beschlüsse im Sanktionsverfahren

Oktober 2022
Ein Vermittler sprach potenzielle Kunden über soziale Netzwerke an, indem er ihnen Eintrittskarten für einen Freizeitpark in Aussicht stellte. Um in den Genuss der Tickets zu kommen, mussten dann aber oft erst neue Versicherungsverträge abgeschlossen werden. Beim Vermittler handelte es sich um die Tochtergesellschaft eines Versicherers, weshalb sich zunächst die Frage nach dessen Status stellte. Die Aufsichtskommission kam zum Schluss, dass die Gleichstellung der Mitarbeiter einer im Vertrieb tätigen Tochtergesellschaft mit den Mitarbeitern des Versicherers nur dann gilt, wenn die Mitarbeitenden der Tochtergesellschaft ausschliesslich Vermittlungen innerhalb der eigenen Gruppe vornehmen. Mitarbeiter einer Vermittlungsgesellschaft, die Produkte des "eigenen" wie auch "fremder" (nicht zur gleichen Gruppe gehörender) Versicherer vertreibt, gelten als Vermittler im Sinne der BVV.

Unabhängig von dieser Statusfrage haben sich die Versicherer nach Ziff. 6 BVV verpflichtet, auf telefonische Kaltakquise durch eigene Mitarbeiter oder externe Partner zu verzichten sowie Qualitätsstandards zum Telefonmarketing und die geltenden gesetzlichen Vorschriften im Rahmen ihrer Akquisitionstätigkeit einzuhalten. Die Aufsichtskommission kam zum Schluss, dass diese Standards verletzt wurden, weshalb sie den Versicherer mit einer Konventionalstrafe von CHF 10'000.- sanktionierte und ihm die Verfahrenskosten von CHF 33'000.- auferlegte.

September 2022
Eine Versicherte füllte auf einem sozialen Netzwerk ein Kontaktformular zur Teilnahme an einem Wettbewerb aus und stimmte damit ohne aktiv bestehendes Wissen und entgegen ihrer Annahme einem Besuch eines Vermittlers zu. Die Aufsichtskommission kam zum Schluss, dass nur von einer Zustimmung zur Kontaktaufnahme ausgegangen werden könnte, wenn die jeweilige Person in unmissverständlicher, hervorgehobener Weise auf die erwartete Einwilligung in eine Versicherungsberatung hingewiesen worden wäre und zudem ausdrücklich bestätigt hätte, dass sie mit einer solchen Beratung einverstanden ist. Ferner stellte die Kommission fest, dass das Versprechen eines Verlosungsgewinn unlauter ist, wenn dieser nur bei Erbringung einer Gegenleistung eingelöst werden kann. Die Kommission sah in diesem Verhalten ein Verstoss gegen mehrere Qualitätsstandards (namentlich Ziff. 6 BVV: Verzicht auf Kaltakquise, Einhaltung gesetzlicher Vorschriften im Rahmen der Akquisetätigkeit, fachkundige und kompetente Beratung in der Werbung und Akquise). Der Versicherer wurde mit einer Konventionalstrafe von CHF 2'000.- sanktioniert und es wurden ihm die Verfahrenskosten von CHF 5'000.- auferlegt.

August 2022
Die Aufsichtskommission stellte fest, dass ein Vermittler bei der Akquirierung und Beratung eines Versicherten verschiedene Standards der Branchenvereinbarung nicht eingehalten hatte (namentlich Ziff. 6 BVV: Verzicht auf Kaltakquise und Einhaltung Qualitätsstandards zum Telefonmarketing; Ziff. 8 BVV: Einhaltung Mindeststandards Beratungsprotokoll und Prüfung Vollständigkeit und Korrektheit der Kundendaten). Die Aufsichtskommission sanktionierte den Versicherer mit einer Konventionalstrafe von CHF 20'000.- und auferlegte ihm die Verfahrenskosten von CHF 11'000.-.

April 2022
Die Aufsichtskommission sanktionierte einen Versicherer wegen Nichterfüllung der Mindest-standards des Beratungsprotokolls (Ziff. 8 BVV) mit einer Konventionalstrafe von CHF 7'500.-. Ferner auferlegte sie dem Versicherer die Verfahrenskosten von CHF 6'000.-.

Dezember 2021
Die Aufsichtskommission stellte fest, dass der angezeigte Versicherer gewisse Qualitätsstandards betreffend Beratungsprotokoll nicht erfüllt hatte (Ziff. 8 BVV). Der Versicherer wurde verwarnt und musste die Verfahrenskosten teilweise tragen.  

Oktober 2021
Drei Anzeiger reichten mehrere schriftliche Verstossmeldungen gegen denselben Versicherer ein. Es handelte sich um unerwünschte Telefonanrufe durch Vermittlerfirmen. Die Aufsichtskommission stellte fest, dass der angezeigte Versicherer mehrere Qualitätsstandards der Branchenvereinbarung nicht eingehalten hatte (Ziff. 6 BVV: gesetzliche Vorschriften im Rahmen der Akquisetätigkeit, Verbot telefonische Kaltakquise und Qualitätsstandards zum Telefonmarketing). Die Aufsichtskommission sprach als Sanktion Konventionalstrafen von insgesamt CHF 15'000.- aus. Zudem wurden dem Versicherer die Verfahrenskosten von CHF 10'000.- auferlegt.

Juni 2021
Die Aufsichtskommission stellte fest, dass der angezeigte Versicherer gegen das Verbot der Kaltakquise verstossen hatte. Es handelte sich um einen Einzelfall und der Versicherer konnte nachweisen, dass er alle zumutbaren Massnahmen getroffen hatte, um das fehlbare Verhalten seiner Angestellten zu verhindern. Auch nach dem Vorfall traf der Versicherer umgehend die notwendigen Vorkehrungen, um künftig solche Verstösse zu vermeiden. Die Aufsichtskommission betonte in ihrem Entscheid, dass sie keine Verletzungen der Branchenvereinbarung toleriere und bei künftigen Verstössen härtere Massnahmen ergreifen werde – sei es gegen den in diesem Fall angezeigten Versicherer oder gegen andere Versicherer.

Andere Grundsatzfragen

In der ersten Umsetzungsphase wurden im Plenum der Aufsichtskommission auch einige Grundsatzfragen geklärt. Die Aufsichtskommission hat u.a. zu folgenden Themen Stellung genommen:

Entschädigung Leads / Generierung eines Kontakts
Grundsätzlich muss jede Entschädigung für die Generierung eines Kontakts (Leads) – sei es an einen externen Vermittler, welcher einen Versicherungsabschluss generiert oder sei es für den Einkauf von Leads für die Weiterverfolgung im Eigenvertrieb – den Vorschriften der Branchenvereinbarung entsprechen. Diese Regelung gilt ausdrücklich auch für die Entschädigung von Leads, welche von Adressvermittlern generiert werden.

Leads, die zu einem Abschluss führen, dürfen im Rahmen der Höchstobergrenze von Ziff. 9.1 BVV entschädigt werden. Entsprechend darf bei einem KVG-Abschluss der Höchstbetrag von CHF 70.- pro Versicherten und bei einem VVG-Abschluss der Höchstbetrag von zwölf Monatsprämien pro abgeschlossenem Produkt nicht überschritten werden.

Wenn aus einem Lead mehrere Abschlüsse resultieren (Bsp: Lead enthält Daten eines Familienvaters, woraus schliesslich auch für die Ehefrau und Kinder Krankenversicherungsabschlüsse resultieren), gilt die maximale Vermittlerentschädigung pro versicherte Person und nicht pro Lead.

Leads, die zu keinen Abschlüssen führen, dürfen nicht entschädigt werden.

Grenzgängergeschäft
Für die Vermittlung bei Personen im Ausland gelten die Höchstwerte der Branchenvereinbarung ebenfalls. Die Branchenvereinbarung erfasst jede abschlussbezogene Tätigkeit. Dass bei Personen im Ausland allenfalls ein vorangehender zusätzlicher Informationsbedarf über die Möglichkeiten des schweizerischen Krankenversicherungssystems besteht, kann nicht dazu führen, die Obergrenze der Entschädigung einer Vermittlung zu erhöhen.

Jahresbericht 
Medienkonferenz 2022